Interview mit Laura Stokar von Neuforn

Ehrenamt als Möglichkeit für Selbstwirksamkeit

Wie hat sich das Engagement junger Menschen verändert? Engagieren sich junge Menschen eigentlich noch ehrenamtlich?

Es gibt viele junge Menschen, die sich engagieren und zu ihren eigenen Themen gesellschaftlich einbringen wollen wie Klimakrise, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit oder Antirassismus. Das Engagement junger Menschen hat sich im Laufe der Zeit verändert, insbesondere durch die verstärkte Nutzung sozialer Medien. Junge Menschen sind nach wie vor am Ehrenamt interessiert, aber sie suchen zusätzlich auch flexible, kurzfristige Engagementmöglichkeiten und möchten ihre eigenen Interessen und Fähigkeiten einbringen.

Was machst du in deinem Job?

In meinem Job für Junges Engagement im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin unterstütze ich junge Menschen bei der Suche nach passenden Ehrenamtsmöglichkeiten. Ich berate sie bei der Auswahl von Projekten, begleite sie während ihres Engagements und führe Auswertungsgespräche, bei denen sie Zertifikate für ihr ehrenamtliches Engagement erhalten. Zudem plane und veranstalte ich Mitmach-Aktionen und größere Events, wie zum Beispiel ein Sommerferiencamp zum Thema Ehrenamt. Dort können junge Menschen jeden Tag neue Ehrenämter kennenlernen und sich im besten Fall auch langfristig ehrenamtlich engagieren.

Was ist durch deine Arbeit bereits in Berlin und im Bezirk, in dem du arbeitest, in Bewegung gekommen?

Durch meine Arbeit konnten viele junge Menschen im Bezirk aktiv in ehrenamtliche Tätigkeiten eingebunden werden. Wir haben das Bewusstsein für Ehrenamt gestärkt und die Vernetzung zwischen den Einrichtungen sowie den Generationen gefördert. Auch die Vielfalt der Engagementmöglichkeiten hat zugenommen. Wir aktivieren junge Menschen, ihr eigenes Recht auf Teilhabe wahrzunehmen. Ehrenamt ist eine ganz tolle Möglichkeit für junge Menschen, ihre eigene Lebenswelt zu gestalten und sich dabei (selbst-)wirksam einzusetzen.

Warum ist es für dich wichtig, dass ehrenamtliche Arbeit generationenverbindend organisiert ist?

Generationenverbindende ehrenamtliche Arbeit ist wichtig, da sie den Wissenstransfer und den sozialen Zusammenhalt fördert. Jüngere und ältere Generationen können voneinander lernen und profitieren. Dies stärkt das Gemeinschaftsgefühl und die Nachhaltigkeit ehrenamtlicher Projekte. Wir stellen auch fest, dass durch die gemeinsamen Begegnungen und den Austausch von Jung und Alt Vorurteile sowie Stereotype auf beiden Seiten abgebaut werden. Wir arbeiten sehr stark bezirks- und nachbarschaftsorientiert. Das Junge Engagement bringt hierbei auf der ganz praktischen Ebene junge und ältere Menschen zusammen, zum Beispiel Schüler*innen mit Senior*innen in Pflegeeinrichtungen aus der gleichen Nachbarschaft. 

Welche drei Ratschläge kannst du Entscheidungsträger*innen in Verwaltungen und Organisationen mitgeben, die den Nachwuchs im Ehrenamt fördern wollen?

Die folgenden Punkte sind mir am wichtigsten:

1. Schaffung flexibler und kurzfristiger Engagementmöglichkeiten.

2. Förderung der digitalen Vernetzung und Nutzung von Social Media zur Ansprache junger Menschen.

3. Etablierung einer Anerkennungsstruktur (z. B.  Zertifikate, Fort- und Weiterbildungen, Kinogutscheine etc.), um das ehrenamtliche Engagement attraktiver zu gestalten.

Wenn Geld keine Rolle spielen würde: Welches generationenverbindende Projekt würdest du gerne umsetzen?

Wenn Geld keine Rolle spielen würde, würde ich gerne ein groß angelegtes generationenverbindendes Projekt ins Leben rufen, welches junge Menschen aus verschiedenen Altersgruppen und heterogenen familiären Hintergründen zusammenbringt und ihnen die Möglichkeit bietet, gemeinsam an sozialen und gemeinnützigen Ideen zu arbeiten. Dieses Projekt könnte beispielsweise ein öffentlicher Ort sein, an dem junge Menschen die Chance haben, von ihren älteren Mentor*innen zu lernen, während sie gleichzeitig ihre eigenen Ideen und Visionen in die Tat umsetzen. Dabei würden wir eine Vielzahl von Aktivitäten und Projekten unterstützen, die positive Auswirkungen auf die Gemeinschaft haben und die junge Generation dazu ermutigen, sich aktiv für das Gemeinwohl einzusetzen. Ebenso hätte ich Interesse, ein groß angelegtes generationenverbindendes Projekt ins Leben zu rufen, bei dem sowohl junge Menschen als auch Senior*innen ihre Stärken und Interessen optimal nutzen können. Das Projekt würde einen Raum schaffen, in dem Wissenstransfer, gemeinsames Lernen und soziale Interaktion gefördert werden. Dabei könnte es sich um ein Kulturzentrum handeln, in dem generationsübergreifende Workshops, Kurse und Veranstaltungen stattfinden. Hier könnten junge Menschen von den Lebenserfahrungen der Senior*innen profitieren und gleichzeitig ihre frische Perspektive und ihre Energie einbringen. Das Ziel wäre, eine starke Gemeinschaft aufzubauen, die soziale Isolation überwindet und ein bereicherndes Miteinander ermöglicht.


Datum der Veröffentlichung: 20. November 2023