Generationengerechtigkeit? Nicht für die Jungen! 

Ein Kommentar zum Grundsatzpapier des Bundesjugendkuratoriums

Waren junge Menschen von den Krisenphänomenen der letzten Jahre besonders betroffen? Bild: @markusspiske

Der demografische Wandel in Deutschland stellt junge Menschen vor besondere Herausforderungen. Ihre Rechte und Interessen finden in einer älter werdenden Gesellschaft oft zu wenig Beachtung. Zu dem Schluss kommt das Bundesjugendkuratorium (BJK) in einem Grundsatzpapier zu Generationengerechtigkeit. Das Gremium berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe. Was allerdings im Papier zu kurz kommt: Klimawandel und Nachhaltigkeit als eigenes Gestaltungsfeld!  

Die Autor*innen fordern eine grundlegende Debatte darüber, wie die Stimmen der jungen Generation stärker politisch verankert und ihre Beteiligung gesichert werden können. Die multiplen Krisen verändern die sozialen Bedingungen für Alt und Jung und das Verhältnis zwischen den Generationen. Gerade die Interessen junger Menschen scheinen dabei runterzufallen. In der Beziehung zwischen der jungen und den älteren Generationen existieren strukturelle Schieflagen, die es jungen Menschen schwer machen, ihre eigenen Freiheitsrechte durchzusetzen. Jungen Menschen haben zu wenig politisches Gewicht, deren Interessen finden sich in den grundlegenden politischen Entscheidungen der letzten Jahre kaum wieder. 

Ungleichgewicht in der Demokratie 

Der Anteil der älteren Wahlberechtigten wächst stetig. Bereits jetzt sind über die Hälfte der Wähler älter als 53 Jahre, während der Anteil der unter 30-Jährigen nur noch 14 Prozent beträgt. Diese Entwicklung verzerrt die politische Gewichtung zugunsten der Älteren. Die Politik könnte zunehmend durch die Interessen der älteren Generation dominiert werden, während die Anliegen der Jüngeren kaum berücksichtigt werden. 

Herausforderungen für den Sozialstaat 

Der demografische Wandel belastet auch den Sozialstaat erheblich. Mit der Alterung der Bevölkerung steigen die Ausgaben für Renten, Gesundheit und Pflege. Gleichzeitig fehlen Fachkräfte im Gesundheits- und Pflegesektor, und die Infrastruktur für Bildung und Jugendhilfe ist oft unzureichend. Das Bildungssystem zeigt seit Jahren einen Abwärtstrend. Viele Jugendliche verlassen die Schule ohne ausreichende Qualifikationen. Zudem fehlen Kita- und Schulplätze. Investitionen in Bildung und nachhaltige Infrastruktur bleiben aus, während Kinder- und Altersarmut zunehmen. Die jungen Erwerbstätigen müssen nicht nur diese Defizite ausgleichen, sondern auch die steigenden Staatsausgaben finanzieren. 

Die junge Generation als Zuschauer 

Junge Menschen erleben in einer alternden Gesellschaft widersprüchliche Anforderungen. Einerseits ist das Verhältnis zu älteren Generationen oft entspannt. Andererseits finden ihre Bedürfnisse und Perspektiven in politischen Entscheidungen kaum Beachtung. Sie fühlen sich oft in eine Zuschauerrolle gedrängt, obwohl sie von den aktuellen Krisen am stärksten betroffen sind. Politische Akteure betonen häufig nur die Pflichten der jungen Generation, während ihre Rechte und Potenziale vernachlässigt werden. 

Ein Update für Generationengerechtigkeit 

Es ist Zeit für ein politisches Update in Sachen Generationengerechtigkeit. Die jungen Generationen stehen vor Herausforderungen wie der Klimakrise, die in ihrer Tragweite noch gar nicht vollständig absehbar sind. Nach der Covid-19-Pandemie versprachen viele politische Parteien eine stärkere Berücksichtigung der Interessen junger Menschen. Dieses Versprechen blieb bislang unerfüllt. Es ist unverständlich, dass die Infrastrukturen für Bildung und Jugendhilfe in einem so schlechten Zustand sind und kaum Beachtung in der Öffentlichkeit finden. Stattdessen sind Infrastrukturen für die Mobilität für Erwachsene wie beispielsweise Autobahnneubau ein zentrales Thema. 

Der Generationenvertrag muss neu ausgehandelt werden. 

Die junge Generation braucht klare politische Unterstützung und rechtlich abgesicherte Grundrechte, um ihre Zukunft gestalten zu können. Es ist notwendig, die Idee eines gesellschaftlichen Generationenvertrags zu erneuern. Das bedeutet vor allem, junge Menschen die Möglichkeit zu geben, in der Demokratie und in den gesellschaftlichen Gestaltungsfeldern wieder handlungsfähig zu werden und diese zukunftsfähig zu machen. Die Alternative deutet sich schon an: ein Rechtsruck bei jungen Menschen. Das Bundesjugendkuratorium fordert deshalb, die Rechte und die politische Partizipation der jungen Generation zu stärken, um eine gerechte Zukunft für alle zu sichern. 

Blinder Fleck Klimawandel 

Trotz der drängenden Herausforderungen der Klimakrise und der Notwendigkeit für nachhaltige Entwicklung bleibt der Bericht des Bundesjugendkuratoriums in diesen Bereichen überraschend vage. Die jungen Generationen werden die Auswirkungen des Klimawandels am stärksten spüren und haben ein starkes Interesse an einer nachhaltigen Politik, die ihre Zukunft sichert. Doch der Bericht hätte klarer hervorheben können, wie wichtig es ist, Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltige Investitionen zu priorisieren. Es fehlt eine detaillierte Diskussion darüber, wie junge Menschen aktiv in die Gestaltung einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Zukunft eingebunden werden können. Ohne diesen Fokus bleibt das Ziel der Generationengerechtigkeit unvollständig. 

Hier geht es zum Impulspapier des Bundesjugendkuratoriums: https://bundesjugendkuratorium.de/